© Rechtsanwalt Hofmann-Rascu
Ausblick - das neue Patientenrechtegesetz
Deutschland verfügt über ein -auch im internationalen
Vergleich- leistungsfähiges Gesundheitssystem. Die
geforderten Standards sind anerkanntermaßen sehr
hoch. Jeder Mensch begibt sich im Laufe seines Lebens
als Patient vielfach in medizinische Behandlung, in der
Erwartung, gesund zu werden oder zumindest eine
Besserung der Beschwerden zu erfahren. Im
Behandlungsalltag erleben Patientinnen oder Patienten
auch immer wieder Defizite. Dies reicht beispielsweise
von einer Nichtbeachtung persönlicher
Behandlungswünsche, zeitraubenden
Bewilligungsverfahren für Leistungen durch die
Krankenkassen, der Versagung des Einblicks in die
ärztliche Dokumentation bis hin zu Fehlern in der
Behandlung. Richtig verstandene Patientenrechte setzen
nicht auf rechtliche Bevormundungen, sondern
orientieren sich am Leitbild des mündigen Patienten.
Diesem Ziel trägt der Gesetzentwurf in zweierlei Weise Rechnung, nämlich zum einen durch
Regelung auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Behandlungs- und Arzthaftungsrechts sowie zum
anderen durch Regelung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Komplexität der Medizin und die Vielfalt von Behandlungsmöglichkeiten verlan-gen zunächst
nach Regelungen, die Patientin und den Patienten und Behandelnden auf Augenhöhe bringen.
Bisher steht Wesentliches nicht im Gesetz, sondern ist Richterrecht. Welche Rechte Patientinnen
und Patienten haben, wissen daher oftmals sie selbst noch die Behandelnden. Transparente
gesetzliche Regeln geben deshalb beiden Seiten die nötige Sicherheit. Rechtliche Informationen
schaffen für die Patientinnen und Patienten Orientierung. Diese Informationen sind nicht
Selbstzweck, sondern die Voraussetzung dafür, dass die Patientinnen und Patienten
eigenverantwortlich und selbstbestimmend im Rahmen der Behandlung entscheiden können.
Effektiv durchsetzbare und ausgewogene Rechte sichern das Gleichgewicht zwischen
Behandelnden und Patientinnen und Patienten. Außerdem gilt es, Risiko- und
Fehlervermeidungssysteme zu fördern, um Behandlungsabläufe in immer komplexer werdenden
medizinischen Prozessen zu optimieren. Um eine Verbesserung der Situation der Patientinnen
und Patienten zu erreichen, ist ihnen ferner eine angemessene Beteiligung einzuräumen.
Schließlich sollen auch die Krankenkassen zu verbesserten Unterstützung von Patientinnen und
Patienten beitragen.
Mit dem Gesetzesentwurf werden zum einen die bisherigen richterrechtlich entwickelten
Grundsätze des Arzthaftungs- und Behandlungsrechts gesetzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch
und in einem neuen Untertitel "Behandlungsvertrag" qualifiziert. Die neuen Regelungen zum
Behandlungsvertrag (§§ 630 a bis 630 h) sollen Informations- und Aufklärungspflichten
gegenüber den Patientinnen und Patienten die Pflicht zur Dokumentation der Behandlung und
des Akteneinsichtsrechts der Patientinnen und Patienten sowie die Grundzüge der Beweislast bei
Fehlern festlegen. Damit leistet das Gesetz einen wesentlichen Beitrag zu mehr Transparenz und
Rechtssicherheit, so dass das Recht für die Patientinnen und Patienten klarer und übersichtlicher
wird. Die Patientinnen und Patienten sollen ihre wichtigsten Rechte möglichst selbst im Gesetz
nachlesen können. Außerdem sollen mit der Kodifizierung Unklarheiten beseitigt werden, die sich
aus der bisherigen Rechtsprechung ergeben haben. Zugleich verbleibt für die Rechtsprechung
aber weiterhin genügend Spielraum, um im Einzelfall zur ausgewogenen Sach- und
Interessengerechten Entscheidung zu kommen. Nicht zuletzt wird außerdem die Signalwirkung,
die von verbindlichen gesetzlich festgelegten Rechten und Pflichten ausging, erhöht.
Weitergehende rechtspolitische Forderungen, wie sie auch in den aktuellen Diskussionen im
Zusammenhang mit den Patientenrechten immer wieder aufkommen, werden in diesem
Zusammenhang nicht aufgegriffen. Gemeint sind insbesondere Forderungen nach der Einführung
einer Proportionalhaftung, nach Bildung eines Entschädigungsfonds oder auch nach weiteren
Beweiserleichterungen auch für Fälle einfacher Behandlungsfehler. Zugleich gilt es, Bürokratie
auf das nötige Maß zu beschränken und Ausuferungen für die Behandlungsseite zu vermeiden.
Die Behandlung sowie das gute vertrauensvolle Miteinander von Patientinnen und Patienten und
Behandelnden stehen an erster Stelle. Schließlich sichert die Bezugnahme auf die Grundsätze
der bisherigen Rechtsprechung Kontinuität und Verlässlichkeit.
Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung werden durch verschiedene Regelungen
Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten erzielt. Das gilt insbesondere für eine sichere
Patientenversorgung: Patientinnen und Patienten müssen vor Fehlern in der Behandlung bewahrt
und möglichst sicher behandelt werden. Hierfür bedürfen die Behandlungsabläufe immer
komplexer werdender medizinischer Prozesse einer stetigen Optimierung. Sie müssen auf
Sicherheit untersucht, Zwischenfälle oder so genannte Beinahe-Fehler sowie Beschwerden von
Patientinnen und Patienten erfasst und ausgewertet werden. Patientinnen und Patienten, die von
einem Behandlungsfehler betroffen sind, dürfen nicht alleine gelassen werden. Sie sollen sich
zukünftig noch stärker auf Unterstützung durch ihre Krankenkassen verlassen dürfen. Die
Unzufriedenheit mit Behandlungsabläufen im Krankenhaus müssen Patientinnen und Patienten
die Möglichkeit haben, dies unmittelbar rückzukoppeln.
Bei der Erbringung von Leistungen durch ihre Krankenkassen, z.B. Hilfsmittel, sind die
Patientinnen und Patienten auf eine zügige Entscheidung angewiesen. Oftmals erleben sie
jedoch, dass eine für sie nicht nachvollziehbar lange Zeit verstreicht. Hier muss die Unterstützung
schneller erfolgen und gegebenenfalls unvermeidbare Verzögerungen müssen transparent und
nachvollziehbar gemacht werden. Auch die Rechte der Patientinnen und Patienten auf
institutioneller Ebene, also die Beteiligung von Patientenvertreterin- und vertretern an wichtigen
Entscheidungen im Gesundheitswesen, werden im Gesetzentwurf weiter verbessert.
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